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Literarischer Salon · 7.11.2015

Valerie Fritsch · Foto©hpw Valerie Fritsch · Foto©hpw

Was an diesem Abend des 7. Novembers 2015 im Kultursaal Rottenmann geschah:

Lorenz Kabas (Theater im Bahnhof) eröffnete und begleitete den Literarischen Salon als „lebende Jukebox". Auf Zuruf spielte er die Musikwünsche des Publikums; darunter Waltzing Matilda von Tom Waits, Ring of Fire von Johnny Cash, My Way von Frank Sinatra, Über den Wolken von Reinhard Mey oder – als Schlusslied – Merci Chérie von Udo Jürgens.
Den Beginn des Literarischen Salons bestritt Ferdinand Schmalz. Er las unter anderem aus seinem aktuellen Stück „Dosenfleisch" und trug seinen Text „Zwischenrufe" (den es für das Publikum am Schluss der Veranstaltung in gedruckter Form als „Goodie" zum Mitnehmen gab) vor.
Egyd Gstättner stellte seinen Roman „Das Freudenhaus" vor – eine Provinzposse voll Größenwahn und absurder Gier rund um ein Fußballstadion der leeren Stühle in Kärnten.
Valerie Fritsch las Ausschnitte aus ihrem sprachlich beeindruckenden Roman „Winters Garten". Ein Roman über die Apocalypse und die Liebe.
Den Abschluss setzte ein erfrischender Austausch zwischen dem Publikum und den AutorInnen.

Mit ausdrücklicher Erlaubnis veröffentlichen wir hier:

zwischsenrufe · ferdinand schmalz

sprache ist die kunst des dazwischen. ist sie niedergeschrieben auf papier, wie hier, entfaltet sie ihre ganze kraft zwischen den zeilen. in den räumen, die sich im spalt zwischen den buchstaben öffnen, in den wortritzen, in denen ganze welten wuchern. ist die sprache gesprochenes wort, spannt sie sich auf zwischen den sprecherinnnen und sprechern. webt sich von einem zur anderen. begründet erst den zwischenraum, diesen ereignisraum zwischen einem ich und einem du. schon das wort du eröffnet die möglichkeit einer begegnung in einem raum, den die sprache erst schafft. „wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen", heißt es in ludwig wittgensteins tractatus logico-philosophicus, nur dass dieses schweigen ein teil der sprache selbst ist. die sprache gedeiht erst an dieser grenze zum unsagbaren, dort, wo die sprache etwas zu umschreiben versucht, was im grunde unschreibbar bleibt, erst dort, wo zwischen jedem wort ein schweigen schreit, kommt die sprache zu sich. die sprache zwischt, sie lückt. sie zwischelt etwas hinein in jede lücke, sie lückt uns etwas vor, wenn sie glückt. denn nur die lücke, die zäsur oder pause, verspricht uns heute noch anstrengungsloses glück. in zeiten, in denen unsere leben ganz lückenlos, pausenlos, ununterbrochen geworden sind, braucht es eine sprache, die die lücke einfordert. eine literatur, die zwischenruft. also, die ein dazwischen ausruft, wo wir es nötiger haben denn je. eine literatur, die die naht auflöst, wo es uns zu nahtlos geworden ist, die zwischenstopps einlegt, wo wir schon außer atem geraten sind. an den wunden stellen einer zeit, die auf den kollektiven burn-out zusteuert, muss die sprache ihre beispielhaftigkeit entfalten. das griechische wort für beispiel lautet para-deigma, was so viel wie auf das daneben zeigend bedeutet. also die sprache als ein zwischenspiel begreifen, ein spiel, das daneben oder besser dazwischen einen neuen schauplatz eröffnet, das ein beispiel für neue möglichkeiten, alternativen bietet. die sprache verspricht einen ausweg, einen ausweg, der nicht in einem übernatürlichen draußen zu finden ist, sondern einen ausweg zwischen den dingen, sie verrückt unsere welt, oder besser, verlückt unsere welt, so dass neue perspektiven möglich werden. darum dürfen wir uns, in reibungslosen zeiten wie diesen, das zwischenrufsrecht nicht verbieten lassen. wir rufen sie auf, sich mit uns zwischen die stühle zu setzen, wir rufen sie auf, zwischenfragen zu stellen, wir rufen sie auf, die baulücke als chance zu sehen, wir rufen sie auf, die zwischentöne zu hören.
die angewandte zwischenschaft · rottenmann · 4. august 2015

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